Even Rygg macht nicht viele Worte. Der norwegische Bildhauer und Landschaftsbauer greift lieber zur Motorsäge und schneidet Blöcke aus dem Eis, bringt sie mit Handsägen und Messern in Form und testet ihre akustische Verwendbarkeit. Das macht er in seiner Heimat und zuweilen auch an anderen Orten wie dem Weissensee in Kärnten, der in diesem Jahr als Rohstoffquelle für die Instrumente der Ice Music dient. Nach der Vorbereitungsphase in der vergangenen Woche sind inzwischen alle brauchbaren Blöcke nach München in Richtung Werksviertel gebracht worden und wurden während der vergangenen Tage auf verschiedenen Flächen rund um die whiteBOX in der Öffentlichkeit bearbeitet, präpariert, feinjustiert. Denn es ist Zeit für Out Of The Box 2020 und die Fortsetzung einer Kooperation, die bereits im vergangenen Jahr zu erstaunlichen, ungewöhnlichen Konzerten geführt hatte.
Und diesmal geht der Master Mind der Ice Music, der Percussionist Terje Isungset, noch ein paar Schritte weiter und konstruiert mit Hilfe von Spezialisten wie Even Rygg über Blas-, Perkussionsinstrumente und einen Kontrabass hinaus auch sensible Klangerzeuger wie eine Harfe aus Eis, die unter anderem bei der Eröffnung des Festivals am 10.Januar zum Einsatz kommt. Wieder mit dabei ist ebenfalls der Schweizer Bildhauer Eric Mutel, der sich aus bildnerischer Perspektive mit dem Phänomen des vergänglichen Materials und dessen Implikaturen beschäftigt. Überhaupt werden einigen Ideen von 2019 aufgenommen und unter dem Geschichtspunkt nachhaltiger Zusammenarbeit von Festival und Künstlern neu interpretiert und modifiziert. Denn auch darum geht es bei zeitgemäßer Konzeptarbeit. Ein Projekt wird umso diskursiver und womöglich stimmiger, wenn es sich nicht nur als fertiges Produkt, sondern als Arbeitsprozess präsentiert, für den beispielsweise Eis aus einem Kärntner See geschnitten wird.
Text und Bild: Ralf Dombrowski